Unsere diesjährige Kabinettausstellung im Herrenhaus beschäftigt sich mit einem ungewöhnlichen Thema, denn was hat die Altonaer Roggenmühle der Familie Lange mit dem Dampfschlepper TIGER zu tun?
Da die Entwicklungsmöglichkeiten ihres Mühlenunternehmens in Groß-Nordende bei Uetersen begrenzt waren, gründeten die Gebr. Peter August und Heinrich Adolph Lange 1873 eine Zweigniederlassung in Altona. Verkehrsgünstig gelegen - auf der einen Seite unmittelbar an der Elbe, auf der anderen Seite an der Grossen Elbstrasse - profitierte die neue Mühle von dem wirtschaftlichen Aufschwung Deutschlands nach der Reichs-gründung, überflügelte bald das Stammhaus und wurde 1886 zum Haupt-Firmensitz. Massive Rückschläge – gleich dreimal, 1875, 1888, 1892, brannte die Mühle ab und musste wieder aufgebaut werden -, taten der erfolgreichen Entwicklung des Unternehmens keinen Abbruch. Die Mühle konzentrierte sich schon seit Ende der 1870er Jahre auf die Vermahlung von Roggen, der vornehmlich aus Südrussland und den Balkanstaaten importiert wurde. Dem hergestellten Roggenmehl, ihrem erfolgreichsten Markenprodukt auch für die nächsten Jahrzehnte, gaben die Gebr. Lange den Namen “Tiger“ und kennzeichneten es damit als kräftig und stark.
Wenn auch direkt an der Elbe gelegen, konnten die großen Seeschiffe nicht unmittelbar bei der Langeschen Mühle anlegen. Das Getreide wurde durch pneumatische Getreideheber in Schuten verladen, die dann von Schleppern gezogen, das Korn direkt zur Mühle brachten. Für diese Transporte waren die Ewerführereien im Hafen zuständig. Die Gebr. Lange arbeiteten mit dem Schleppbetrieb Jürgen-Hinrich Steffen zusammen, der sein Unternehmen 1906 gegründet hatte. Als dieser 1910 einen neuen Schlepper bauen ließ, taufte er ihn auf den Namen des bekannten Roggenmehls seines Kunden Lange – TIGER. Der über 100 Jahre alte Dampfschlepper liegt heute restauriert und fahrtüchtig im Museumshafen Oevelgönne.
Die Ausstellung vereint Fotos, Bilder, Zeichnungen und Pläne, Schrift-dokumente und Objekte zur Geschichte der Langeschen Mühle, ihres “Tiger“-Mehls sowie des Schleppers TIGER. Ein kleines Diorama, zusammengestellt aus Köster-Schiffsmodellen, veranschaulicht die Situation des Be- und Entladens im Hafen vor der Containerrevolution.