Bei der ersten Einzelausstellung der amerikanischen Künstlerin Elizabeth Hoak-Doering in Deutschland steht ein Kunstwerk im Zentrum, das im vergangenen Jahr als Beitrag Zyperns auf der Biennale von Venedig im Palazzo Malipiero seine Premiere erlebte. Die Doppelprojektion „leaving the harbor of haloes“ (Abfahrt aus dem Hafen des heiligen Lichts) ist das Ergebnis eines komplexen medialen Transformationsprozess, begleitet von einer gläsernen Skulptur, die den Ton beisteuert (Dauer: 8 min im loop).
Innerhalb der Stadtmauer von Famagusta auf Zypern sind Kirchenruinen der französischen Gotik zu finden – historische Zeugen der Belagerung durch die Osmanen im Jahre 1571. Wahrscheinlich waren es Seeleute, die sich ihre Zeit damit vertrieben, Bilder ihrer Schiffe in die freigelegten Fresken der Kirche „St. Georg der Griechen“ zu ritzen. Sie kratzten sie über die gemalten Heiligenfiguren und zwischen deren Heiligenscheine, ohne ihre Namen oder die ihrer Schiffe anzugeben; die Gründe für ihr Tun sind nicht bekannt. Die Details dieser Schiffsabbildungen lassen jedoch darauf schließen, dass viele der Seeleute osmanischer Herkunft waren und sich sehr für die Takelage ihrer Schiffe interessierten.
Im Frühjahr 2010 hat die Künstlerin diese „Graffiti“ der Seeleute mit einer Art Frottage-Technik abgepaust, fotografiert und einzeln in eine Videoanimation übertragen. Die unterschiedlich großen Schiffe scheinen – über Eck projiziert – im Raum zu segeln und entkommen dadurch der Flächigkeit der ikonografischen Welt der Kirchenwände.
Jedes Schiff bewegt sich so, wie in der Abbildung dargestellt: wie die Segel gebläht sind oder in welche Richtung der Schiffsrumpf weist. An den Abbildungen der Seeleute sind also keine Veränderungen vorgenommen worden.
Akustisch wird die Videoinstallation begleitet durch die frei im Raum stehende Klangskulptur „Thermofona“ des Schweizer Künstlers Martin Müller. In einem Stahlgestell werden unter-schiedlich hohe Glaszylinder gehalten, durch die erhitzte Luft strömt und dadurch Klänge wie mit Orgelpfeifen erzeugt.
Für Elizabeth Hoak-Doering sind die Vorstellungen des englischen Philosophen und Politikers Francis Bacon eine Art thematische Hintergrundfolie für ihre Installation „leaving the harbor of haloes“. „Nova Atlantis“ ist die erste neuzeitliche Utopie, die sich sowohl im Titel als auch im Text explizit auf Platons Atlantis beruft. Bacon erhebt Atlantis dabei zum histori-schen Fakt und identifiziert es mit Amerika, um der eigenen Geschichte mehr Glaubwürdigkeit zu geben.