31.03.2012 - 24.06.2012
Ein wichtiges, Identität stiftendes Element im Leben eines Menschen ist der Ort, an und in dem er lebt. Aber was geschieht, wenn dieser Ort plötzlich zur Disposition steht und übergeordneten gesellschaftlichen Interessen weichen muss? Was passiert, wenn Heimat verschwindet und Menschen zurückbleiben? Dieses Szenario war und ist auch in unserem eigenen Land durchaus nicht aus der Luft gegriffen. Die Ausstellung zeigt Beispiele aus Gegenwart und jüngeren Vergangenheit, aus der nahen Umgebung und entfernteren Ecken Deutschlands.
Johannes Twielemeier fotografierte in den Jahren 2002 bis 2009 im Gebiet für den Braunkohletagebau Garzweiler II zwischen seiner Heimatstadt Aachen und Düsseldorf. Hier gibt es Kohleabbau-Genehmigungen bis zum Jahr 2045 auf einer Fläche von ca 40 km². Im Abbaubereich lebten 1992 noch 7600 Menschen in 13 Ortschaften. Seit etwa 2000 werden sie nach und nach umgesiedelt. Twielemeier geht mit seinen Bildern dem nach, was die einstigen Bewohner zurückgelassen haben und findet überraschende Metaphern für das Vergehen und Anhalten der Zeit. Das Medium Fotografie holt die Bilder aus dem Strom der Ereignisse und schafft zugleich ein unwiederholbares geschichtliches Dokument.
René Zieger bewegte sich für seine Bilder in den Braunkohletagebaugebieten Ostdeutschlands und wird in Ulm mit Bildern aus den sogenannten „Folgelandschaften“ vertreten sein. Die buchstäblich umgekrempelten Landschaften, die nach dem Abbau des Energieträgers übrigbleiben, ermöglichen vielfältige Assoziationen und haben anfänglich wenig mit dem zu tun, was wir gemeinhin als schöne Landschaft identifizieren. Der Eingriff in die Landschaft offenbart erst hier seine schon fast apokalyptischen Ausmaße und die Menschen werden zu staunenden Beobachtern einer außerirdisch wirkenden Szenerie.
Peter Granser arbeitete im Auftrag des Stadthauses auf der schwäbischen Alb nahe Münsingen. Er suchte nach Spuren des Ortes Gruorn, nach Spuren der langjährigen militärischen Nutzung des Geländes und fand viel Natur, die diese Spuren mehr und mehr verschwinden lässt. Entstanden ist eine aus verschiedenen Teilen bestehende Serie von Fotografien und eine Videoarbeit, die begleitet wird von einer Komposition des Stuttgarter Künstlers Johannes Schlichting.
Grourn musste ab 1937 der Erweiterung eines damals schon bestehenden militärischen Übungsgeländes weichen. Lange Zeit nicht zugänglich, ist das Interesse für den Ort und sein Schicksal bei den Menschen in der Umgebung nach wie vor sehr lebendig. Seit 2005 ist der ehemalige Truppenübungsplatz Kernstück des neu entstandenen Biosphärengebietes „Schwäbische Alb“. Aus Sicherheits- und Naturschutzgründen ist der Zugang noch immer strikt reglementiert.