Nach dem Ende des mörderischen Ersten Weltkrieges, der "Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts" (George F. Kennan) wurde in der kulturell bedeutenden thüringischen Kleinstadt Weimar 1919 auch politische Geschichte geschrieben: Im Deutschen Nationaltheater tagte vom 06. Februar bis zum 21. August die verfassunggebende Deutsche Nationalversammlung. Am 31. Juli 1919 wurde hier mit der "demokratischsten Verfassung der Welt" das erste deutsche demokratische Grundgesetz verabschiedet. Am Theater wehten die Farben Schwarz-Rot-Gold erstmals als Flagge eines deutschen Staates. Die Stadt Weimar, der Geburtsort der "Weimarer Republik", ist neben der Wartburg bei Eisenach (Burschenschaftsfest 1817), Hambach (Hambacher Fest 1832), Frankfurt a. M. (Frankfurter Nationalversammlung in der Paulskirche 1848/49), Bonn (Grundgesetz 1949), Leipzig (friedliche Revolution 1989) und Berlin (Sitz des Deutschen Bundestages) ein herausragender Ort deutscher Demokratiegeschichte.
Die "Weimarer Republik", die erste republikanisch-demokratische Staatsform der deutschen Geschichte, litt zwischen 1919 und 1933 unter Putschversuchen, Attentaten auf Politiker, Wirtschaftskrisen, Hyperinflation, Arbeitslosigkeit, häufigem Wechsel der Reichsregierungen, dem "Ruhrkampf", hohen Reparationsforderungen des Versailler Vertrages sowie dem Erstarken radikaler linker und rechter Randgruppen. Damals gelang es nicht, die Demokratie in breiten Bevölkerungsschichten zu verankern. Als man 1932 in Weimar Goethes 100. Todestag feierlich gedachte, regierten in Thüringen bereits die Nationalsozialisten. Die vielfach ungeliebte, letzlich gescheiterte "Demokratie ohne Demokraten" war aber viel mehr als nur "Zwischenkriegszeit". Der parlamentarische Neubeginn nach einem monarchischen Obrigkeitsstaat und einem verlorenen Weltkrieg war auch ein hoffnungsvolles und mutiges Wagnis. So legte die Reichsverfassung von 1919 den Grundstein der bundesdeutschen Demokratie von 1949 und diente auch für andere Staaten als Vorbild. Grundrechte, das Frauenwahlrecht oder die deutschen Nationalfarben Schwarz-Rot-Gold sind heute Selbstverständlichkeiten der politischen Alltagskultur.
Die Sonderausstellung zum 95. Jahrestag der Weimarer Nationalversammlung möchte das gleichermaßen lokal wie überregional bedeutende Ereignis von 1919 würdigen. Zahlreiche zeitgeschichtliche Originalobjekte, Filme, Plakate, Modelle, Medaillen und Dokumente sollen das damalige politische Ringen um die Zukunft Deutschlands verdeutlichen. Die bundesdeutsche politische Gegenwart in einem vereinten Europa wurzelt auch in Weimar. Die Ausstellung "Demokratie aus Weimar. Die Nationalversammlung 1919" möchte einen Beitrag zur Vorbereitung des 100-jährigen Jubiläums im Jahre 2019 leisten.